Kriminalitätsbekämpfung

Kindesmissbrauch online – die Suche nach dem Byte im Cyberspace

2023 gelang es den Ermittlerinnen und Ermittlern des Referats für Sexualstraftaten und Online-Kindesmissbrauch des Bundeskriminalamtes (BK), in Zusammenarbeit mit den Landeskriminalämtern, 464 Tatverdächtige und 35 Opfer auszuforschen. Bei der Sicherstellung von Datenträgern werden sie nun von zwei Spürhunden unterstützt.

Wie auch in vielen anderen Lebensbereichen hat die Digitalisierung auch im Bereich des Kindesmissbrauchs ihre Spuren hinterlassen. Sowohl die Herstellung als auch die Beschaffung und die Verfügbarkeit von Missbrauchsmaterial veränderten sich zusehends. Täter stellen das Material binnen kürzester Zeit her und binnen noch kürzer Zeit online. Die daraus entstehende Datenflut erschwert den Behörden weltweit zunehmend den Kampf gegen diese Art der Kriminalität. In Sisyphusarbeit sichten die Ermittlerinnen und Ermittler des zuständigen Referats für Sexualstraftaten und Online-Kindesmissbrauch des BK die Daten, um Täter sowie Opfer auszuforschen.

Der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, betont, dass durch die zielgerichteten Ermittlungen der Kriminalistinnen und Kriminalisten sowie der engen Zusammenarbeit mit internationalen Strafverfolgungsbehörden, die digitale Spur der Täter auch im vermeintlich anonymen, virtuellen Raum konsequent verfolgt wird. "Durch operative und organisatorischen Maßnahmen, wie der Einrichtung der Kriminalassistenzdienststellen sowie der Ausbildung von Datenträgerspürhunden, treten wir den festgestellten Trends und jeglicher Form von Online-Kindesmissbrauch konsequent entgegen", so der Generaldirektor.

Neues Tool erleichtert den Überblick
Durch die steigenden Datenmengen und dem bereits im Umlauf befindlichen Material, das weiter und weiter geteilt wird, wird es immer schwieriger, den Überblick über das vorhandene Material zu behalten. In vielen Fällen wird dasselbe Material an verschiedenen Tagen von unterschiedlichen Stellen gemeldet, was einen hohen Verwaltungsaufwand bei der Kategorisierung erfordert. Allein die steigenden Zahlen der durch das National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC) übermittelten Treffer (2023: 15.882) belegen dies deutlich.

Das im Jahr 2023 durch den Ministerrat beschlossene NCMEC-Tool ermöglicht es, bereits gesichtetes Material zu kategorisieren und eine Einstufung vorzunehmen, ob es sich um Missbrauchsmaterial handelt. Dieses Tool, das mit September 2024 endausgerollt wird, führt somit eine Vorsortierung durch, das den Bediensteten das Sichten von Millionen Bildern erspart. Dadurch werden nicht nur die Wege kürzer gehalten, sondern es ist auch sofort ersichtlich, ob kriminalpolizeiliche Schritte notwendig sind. Weiters ist somit leichter und schneller erkennbar, ob es sich um alte, bereits bekannte Missbrauchsdarstellungen handelt oder um neue, eventuell aktuelle Missbrauchsfälle. Diese können dann aufgrund der akuten Situation durch die Spezialistinnen und Spezialisten priorisiert behandelt werden.

464 Beschuldigte ausgeforscht – 35 Opfer identifiziert
Den Ermittlerinnen und Ermittlern des BK sowie der Landeskriminalämter gelang es im Jahr 2023 insgesamt 464 Beschuldigte auszuforschen. Die Ermittlungen gestalten sich dabei oft äußerst langwierig und schwierig. So musste einer der Ermittler rund eine Million Dateien sichten, die einzig und allein zu einem Fall zählten. Den Tatverdächtigen wurde der Besitz von Kindesmissbrauchsmaterial, tatsächlicher Kindesmissbrauch bis hin zu Live-Streaming vorgeworfen.
Der herausragenden Arbeit der Ermittlerinnen und Ermittler ist es zu verdanken, dass insgesamt 35 Opfer in und außerhalb von Österreich identifiziert und in weiterer Folge geschützt werden konnten.

"Hinter jeder Missbrauchsdarstellung steht ein Kind, das Opfer sexualisierter Gewalt wurde. Auch wenn die Datenmengen obgleich des vereinfachten Zugangs zum Internet immer weiter ansteigen, kämpfen die Ermittlerinnen und Ermittler des Bundeskriminalamtes sowie der Landeskriminalämter tagtäglich und mit vollem Elan gegen diese Form der Kriminalität", so der Direktor des Bundeskriminalamtes Andreas Holzer.


Internationale Zusammenarbeit – Operativer Sprint bei Europol
Durch die globale Herausforderung, die dieses Kriminalitätsfeld für die Ermittlerinnen und Ermittler darstellt, ist die internationale Zusammenarbeit ein unerlässlicher Aspekt im Kampf gegen den Kindesmissbrauch. Die neuen Herausforderungen erfordern eine Anpassung und neue Herangehensweisen durch die Strafverfolgungsbehörden.
Durch einen operativen Sprint bei Europol, an dem Vertreterinnen und Vertreter aus zehn Nationen teilnahmen (Österreich, Belgien, Frankreich, Deutschland, den Niederlanden, Spanien, Schweden, Norwegen, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten) arbeiteten 32 Ermittlerinnen und Ermittler an Hinweisen, die sich aus Ermittlungen der United States Homeland Security Investigations (US HSI) zu kriminellen Netzwerken ergaben, die Kinder auf den Philippinen sexuell ausbeuten.
Die Ermittlerinnen und Ermittler analysierten zehntausende Bilder und Videos über die sexuelle Ausbeutung von Kindern sowie über zehn Millionen Zeilen von Online-Konversationen zwischen etwa 12.000 einzelnen kriminellen Kundenkonten und 100 Verkäuferkonten.
Der operative Sprint führte zur Erstellung von Informationspaketen, die die nationalen Behörden von 24 Ländern dazu veranlassen können, 197 Käufer zu ermitteln, die Kinder live und aus der Ferne missbrauchen. Es wurden auch Ermittlungsansätze mit Verbindungen nach Österreich erarbeitet, die nun von den österreichischen Strafverfolgungsbehörden geprüft werden.

Neue Herangehensweise auch beim Einsatz von Spürhunden
Nicht nur die geringe Größe der Datenträger und die Tatsache, dass diese leicht versteckt beziehungsweise verbaut werden können, sondern auch der Umstand, dass zum Beispiel USB-Sticks oft als Alltagsgegenstände "getarnt" sind (in Form von Feuerzeugen, Kugelschreibern, Lippenstiften oder anderen kleinen Alltagsgegenständen) und dadurch leicht übersehen werden können, erschweren deren Entdeckung bei Hausdurchsuchungen ungemein.
In einem Probebetrieb unterstützten Datenträgerspürhunde der bayerischen Polizei der zentralen Diensthundeschule Herzogau-Waldmünchen die Bediensteten des BK bei einer Hausdurchsuchung. Durch ihre Unterstützung konnten im Garten vergrabene Festplatten lokalisiert und anschließend freigelegt werden.
Auf Initiative des Referats für Sexualstraftaten und Online-Kindesmissbrauch wurden in Kooperation mit dem Fortbildungsinstitut der zentralen Diensthundeschule Herzogau-Waldmünchen der bayerischen Polizei zwei Datenträgerspürhunde ausgebildet, die nunmehr von allen Dienststellen österreichweit angefordert werden können. Diese Datenträgerspürhunde sind nicht nur im Rahmen von Ermittlungen von Online-Kindesmissbrauch einsetzbar, sondern auch in Zusammenhang mit Ermittlungen in jedem Deliktsbereich, in denen nach Datenträgern gesucht wird, wie zum Beispiel Wirtschafts- oder Cybercrime-Delikten.

Aufwendige Ermittlungen führten zu 31-jährigen Täter
Durch Interpol Wiesbaden beziehungsweise die australische Victim Identification Group des Queensland Police Service/Australien, wurden im Jahr 2023 Informationen zu einem TOR-User, der in mehreren TOR-Foren wiederholt Bilder von unmündigen Mädchen in Kombination mit sexualisierten Kommentaren sowie pornografische Darstellungen Minderjähriger postete, an das BK übermittelt. Bei den folgenden, einjährigen intensiven Ermittlungen gelang es den Bediensteten des BK, einen Täter auszuforschen, festzunehmen und drei bislang unbekannte unmündige minderjährige Opfer im weiteren Familienverbund des Täters zu identifizieren. Darüber hinaus konnten sechs weitere unmündige minderjährige Kinder identifiziert werden, von denen Bilddateien durch den Täter im Darknet verbreitet wurden. Der Beschuldigte wurde durch das Landes zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt.

Kein Fall ist je vergessen
Im Jahr 2020 erstattete ein Mädchen in Wien Anzeige wegen des Verdachts der pornographischen Darstellungen Minderjähriger gegen einen unbekannten Instagram-User. Der Täter hat das damals 14-jährige Opfer zur Herstellung von pornographischen Darstellungen überredet und in weiterer Folge auch mehrfach genötigt weitere derartige Dateien an ihn zu übermitteln, da er ihr drohte, andernfalls die bereits erhaltenen Fotos und Videos via Instagram und Snapchat an ihre Mutter und an ihre Freunde zu übermitteln.
Der Akt wurde im Jahr 2020 durch das Landeskriminalamt Wien geführt, eine Identifizierung war zu diesem Zeitpunkt noch nicht möglich. Neue Hinweise der Victim Identification Task Force bei Europol ermöglichten die Fortführung der Ermittlungen im Jahr 2024, die wiederum zur Ausforschung des Täters führten. Dieser wurde am 19. Mai 2023 in einem Hotel in Colorado, USA festgenommen und befindet sich seither in Haft. Den amerikanischen Behörden ist es bis dato gelungen, 75 Opfer zu identifizieren. Durch die Ermittlungen des BK konnte dieser Liste ein weiteres Opfer hinzugefügt werden.

Artikel Nr: 27128 vom Freitag, 2. August 2024, 09:32 Uhr
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