Kriminalitätsbekämpfung
Vom Fingerabdruck zur geklärten Straftat
Seit ihren Anfängen hat sich die Daktyloskopie als eines der wichtigsten Instrumente in der Kriminalistik etabliert. Ihre Präzision und Zuverlässigkeit machen sie zu einem unverzichtbaren Werkzeug bei der Aufklärung von Verbrechen und der Identifizierung von Personen.
Die Daktyloskopie ist die Wissenschaft, die sich mit der Untersuchung und Identifizierung von Fingerabdrücken beschäftigt. Diese bestehen aus einzigartigen Mustern von Linien und Furchen, die auf der Haut der Fingerkuppen jedes Menschen zu finden sind und von der Geburt bis zum Tod unverändert bleiben. Selbst eine Verletzung oder Narbenbildung verändert das grundlegende Muster nicht.
Kleine Linien – große Bedeutung
Das charakteristische Muster der Papillarleisten, die Linien auf den Fingerkuppen, spielt in der Daktyloskopie eine entscheidende Rolle. Innerhalb dieser Muster gibt es kleine charakteristische Merkmale, sogenannte Minutien, wie Gabelungen, Inseln oder Endungen der Linien, die für jeden Menschen einzigartig sind.
Wie funktioniert die Daktyloskopie?
Die Daktyloskopie beginnt einerseits mit der Erfassung von Finger- und Handflächenabdrücken, zum Beispiel von Verdächtigen, und andererseits mit der Sicherung von Spuren an Tatorten oder später im Labor. Oftmals sind diese Abdrücke, die durch Schweiß und Talg von den Poren auf den Fingerkuppen abgesondert werden, mit bloßem Auge unsichtbar. Sie müssen mit speziellen Techniken, wie Pulver, chemischen Mitteln oder speziellen Behandlungsmethoden in Daktyloskopielaboren sichtbar gemacht und für die weitere Verarbeitung fotografiert bzw. digitalisiert werden.
Abgleich mit Datenbanken
Die Weiterentwicklung der technischen Möglichkeiten hat die Arbeit der Daktyloskopie erheblich erleichtert und beschleunigt. Sobald ein Fingerabdruck gesichert wurde, erfolgt der Vergleich mit in einer Datenbank gespeicherten Abdrücken oder denen von Verdächtigen. Hier können automatisch Hunderte Millionen von gespeicherten Abdrücken binnen weniger Minuten abgeglichen werden, was die Ermittlungsarbeit wesentlich effizienter macht. Diese Systeme werden als Automated Fingerprint Identification System (AFIS) bezeichnet, die von Strafverfolgungsbehörden, aber auch für andere Zwecke von Behörden, wie z. B. Grenzschutz-, Migrations- oder Zivilbehörden, weltweit genutzt werden.
Kontrolle durch Expertinnen und Experten
Moderne AFIS-Systeme nutzen Künstliche Intelligenz, um hochpräzise Übereinstimmungen in kürzester Zeit zu identifizieren, was die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden erheblich beschleunigt. Dennoch wird jeder potenzielle Spurentreffer sorgfältig von ausgebildeten Daktyloskopen überprüft. Diese Expertinnen und Experten prüfen jeden identifizierten Match-Kandidaten nach strengen Qualitätsvorgaben und bestätigen die Ergebnisse stets im Zweierteam. Erst nach dieser doppelten Überprüfung werden die Treffer zur weiteren Verfolgung an die Ermittlungsbehörden weitergeleitet.
Vernetzung auf nationaler und internationaler Ebene
Innerhalb der Europäischen Union sind etwa bereits alle nationalen AFIS-Systeme der Mitgliedstaaten, die für Strafverfolgungszwecke errichtet wurden, miteinander vernetzt. Daher können daktyloskopische Abgleiche nicht nur national durchgeführt werden. Sollte kein Treffer erfolgen, da die gesuchte Person auf nationaler Ebene noch nicht gespeichert war, werden binnen weniger Minuten weiterführende daktyloskopische Abgleiche mit allen EU-Mitgliedstaaten, dem Vereinigten Königreich, Norwegen sowie dem FBI AFIS der USA vom österreichischen Bundeskriminalamt durchgeführt (Prümer Datenverbundsystem).
Zusätzlich erfolgen nach Datenerfassung solcher Straftäter mit Fingerabdrücken Echtzeitabgleiche mit dem EU-Schengener AFIS-System, in welchem etwa mit europäischen Haftbefehlen gesuchte Personen gespeichert sind. Dies ermöglicht jährlich die zusätzliche Klärung von Hunderten Straftaten und das Erkennen von Hunderten gesuchten Straftätern, die falsche Personaldaten verwenden.
Ein unverzichtbares Werkzeug der Forensik
Kaum eine andere Technik hat die Ermittlungsarbeit so revolutioniert wie die systematische Analyse von Fingerabdrücken, die eine zentrale Rolle bei der Aufklärung von Verbrechen spielen. Sie sind häufig der entscheidende Beweis, der einen Täter überführt oder entlastet, besonders bei Eigentumsdelikten wie Einbrüchen oder bei Gewaltverbrechen.
Neben der Identifizierung von Tätern spielt die Daktyloskopie auch in anderen Bereichen der Forensik eine wichtige Rolle, etwa bei der Identifizierung von Opfern von Naturkatastrophen, Flugzeugabstürzen oder anderen Unglücken, bei denen herkömmliche Identifikationsmethoden wie DNA-Tests oder Zahnschemata schwierig oder unmöglich sind.
Ein weiteres Beispiel für den essenziellen Wert der Daktyloskopie ist die Tatsache, dass Fingerabdrücke auch nach vielen Jahren noch auf Oberflächen erhalten bleiben können, was eine nachträgliche Aufklärung alter Fälle ermöglicht.
Fingerabdrücke: 100 Prozent Sicherheit in der Identifikation
Ein entscheidender Vorteil der Daktyloskopie im Vergleich zu anderen biometrischen Verfahren ist die absolute Sicherheit bei der Identifikation. Während DNA-Analysen aufgrund der genetischen Übereinstimmung bei eineiigen Zwillingen nicht immer eindeutig sind, sind Fingerabdrücke immer einzigartig. Sie erlauben damit eine hundertprozentige Sicherheit, dass die identifizierte Person auch tatsächlich die gesuchte oder verdächtige Person ist.
"Der forensische Beweis ist in der Strafverfolgung von außerordentlicher Bedeutung. Durch die Einzigartigkeit jedes Fingerabdrucks bietet die Daktyloskopie eine verlässliche und beständige Methode zur Identifizierung von Personen und Aufklärung von Verbrechen", so der Direktor des Bundeskriminalamtes General Mag. Andreas Holzer, MA.
Intensive Ausbildung für Kriminalpolizistinnen und -polizisten
Über einen Zeitraum von drei Wochen wurden Kriminalpolizistinnen und -polizisten der Landeskriminalämter (LKA) Burgenland, Steiermark, Kärnten, Oberösterreich, Salzburg und Wien im Rahmen einer Daktyloskopie-Ausbildung von Expertinnen und Experten auf diesem Fachgebiet sowie von Juristinnen und Juristen geschult.
Mehr Expertise in den Bundesländern
Die nun ausgebildeten Daktyloskopen werden zukünftig gesicherte daktyloskopische Tatortspuren hinsichtlich ihrer qualitativen Eignung beurteilen, um sie für die weitere Verarbeitung im AFIS und den internationalen AFIS-Verbundsystemen nutzbar zu machen. Sie werden die Spuren erfassen und in Echtzeit von ihren Landeskriminalämtern aus in das System einspielen. Zudem sind sie in der Lage, bereits vorhandene daktyloskopische Tatortspuren fachlich zu vergleichen, was zur Identifizierung oder zum Ausschluss von Tatverdächtigen führt.
Darüber hinaus stehen sie den Polizistinnen und Polizisten in ihren Bundesländern mit ihrer Expertise in Fragen des Erkennungsdienstes und der erkennungsdienstlichen Behandlung von Straftätern und unbekannten Leichen zur Verfügung. Um das erlernte Wissen weiterzugeben, werden sie auch Schulungen und Informationen an die zuständigen Bediensteten der Polizeidienststellen in ihren Bundesländern weitervermitteln.