Kriminalstatistik
Pandemie prägt Kriminalitätsentwicklung 2020
2020 ist die Gesamtkriminalität um 11,3 Prozent gesunken, während die Aufklärungsquote auf 54,2 Prozent gesteigert werden konnte. Das wurde bei der Präsentation der Kriminalstatistik des vergangenen Jahres am 18. März 2021 in Wien bekannt. Die Cyber-Kriminalität zählt zu den großen Herausforderungen.
Die polizeiliche Kriminalstatistik zeigt für 2020 einen signifikanten Rückgang der Gesamtanzeigen um 11,3 Prozent oder 55.101 Anzeigen (2019: 488.912, 2020: 433.811 Anzeigen), was den niedrigsten Wert seit der elektronischen Datenerfassung 2001 markiert. Das ist nicht zuletzt auf die Corona-Pandemie und den gesetzten Maßnahmen zu deren Eindämmung zurückzuführen. Zugleich konnte die Aufklärungsquote um 1,7 Prozent auf 54,2 Prozent gesteigert werden (2019: 52,5 Prozent). Das vierte Jahr in Folge liegt die Aufklärungsquote über 50 Prozent.
Großer Anstieg bei Cyber-Kriminalität
Die Internetkriminalität ist auch 2020 wieder gestiegen: Mit 35.915 Anzeigen wurde eine Zunahme von 26,3 Prozent verzeichnet (2019: 28.439). Die Schließungen des stationären Handels und die damit verbundene Verlagerung des realen Lebens in die digitale Welt bildeten den Nährboden für Betrügerinnen und Betrüger im Internet: 2020 wurden 18.780 Fälle von Internetbetrug angezeigt, ein starkes Plus von 11,6 Prozent (2019: 16.831). Der Bestellbetrug, sowohl Käufer- als auch Verkäuferseitig, ist der mit Abstand größte Bereich, gefolgt von der missbräuchlichen Verwendung von Kreditkarten, Accounts etc. mit per Phishing erlangten Daten und dem Vorauszahlungsbetrug, wie zum Beispiel der Love Scam: Viele Täter haben in Corona-Zeiten die Einsamkeit vieler Menschen ausgenutzt. Cybercrime-Delikte wie Hacking, Datenbeschädigung oder -fälschung und der Datenverarbeitungsmissbrauch sind um fast 70 Prozent gestiegen. Der Online-Kindesmissbrauch hat mit über 1.700 Anzeigen den traurigen Höchststand der letzten 10 Jahre erreicht.
Die Polizei setzt hier einen Schwerpunkt: Es wird sowohl eine qualitative als auch eine qualitative Steigerung des Personals geben. Die IT-Ermittlerinnen und -ermittler auf Bezirksebene werden auf 600 verdoppelt. Die Anzahl der Spezialistinnen und Spezialisten für digitale Forensik und Ermittlung in den Landeskriminalämtern und im Bundeskriminalamt (BK) wird erhöht. Im BK soll die Expertise zukünftig in einer neuen Abteilung gebündelt werden. Um auch nachhaltig auf gutes Personal zurückgreifen zu können, läuft derzeit der Aufbau eines universitären bzw. hochschulischen Ausbildungscampus.
Gewaltkriminalität sinkt
Zu den Gewaltdelikten zählen Handlungen gegen Leib und Leben, gegen die Freiheit und gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung. 2020 wurden 67.051 Delikte zur Anzeige gebracht, was einem Minus von 8,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht und zugleich den niedrigsten Wert seit sechs Jahren markiert (2019: 73.079). 87,7 Prozent der angezeigten Gewaltdelikte konnten aufgeklärt werden, 2,8 Prozent mehr als 2019. In 62 Prozent der begangenen Taten kannten sich Täter und Opfer. Auch die Anzahl der vollendeten Morddelikte ist nach einem Anstieg 2020 wieder zurückgegangen: 2020 wurden 43 Taten mit 54 Opfer registriert. Zu den Opfern zählten 31 Frauen und 23 Männer. Ein Bekanntschaftsverhältnis zwischen Täter und Opfer lag bei 71,7 Prozent vor. Mit der Erweiterung des Gewaltschutzgesetzes 2019 hat die Polizei die Möglichkeit gegenüber potentiellen Gefährderinnen und Gefährdern nicht nur das Betretungsverbot, sondern auch das Annäherungsverbot an die gefährdete Person im Umkreis von 100 Metern auszusprechen. 2020 wurden derartige Betretungs- und Annäherungsverbote 11.652 Mal ausgesprochen. 9.689 Gefährderinnen und Gefährder wurden weggewiesen, 2019 waren es 8.254. Das Bundesministerium für Inneres unterstützt aber auch Nichtregierungsorganisationen (NGOs) bei ihrer Arbeit: 2020 wurden 4,7 Mio. Euro für Gewaltschutzzentren und Interventionsstellen in ganz Österreich ausbezahlt. Darüber hinaus wurden unterschiedlichste Gewaltpräventionsprojekte in Österreich mit 1,2 Mio. Euro unterstützt. Ab September 2021 wird es eine Gewaltpräventionsberatung für Gefährderinnen und Gefährder geben. Auch die Polizei stockt ihre Expertinnen und Experten auf und wird 2021 die Anzahl der Präventionsbediensteten im Bereich Gewalt in der Privatsphäre von derzeit rund 500 auf mehr als 700 Bedienstete erhöhen. Mit zusätzlich 200 Expertinnen und Experten wird sichergestellt, dass kompetente Ansprechpartner innerhalb der Polizei zur Verfügung stehen, die Opfer unterstützen können.
Weiterer Rückgang der Eigentumsdelikte
Große Auswirkungen hatte die Pandemie auch auf Eigentumsdelikte, die um fast 22 Prozent auf 128.111 Anzeigen gesunken sind. Im Detail: 6.420 Anzeigen wegen Wohnraum-Einbruchs wurden 2020 registriert, ein erneuter Rückgang von 27,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (2019: 8.835). Der Diebstahl von Kraftfahrzeugen ist erneut um 33,7 Prozent auf 1.454 Anzeigen gesunken (2019: 2.194). Der Taschen- und Trickdiebstahl hat sich beinahe halbiert (2019: 17.218, 2020: 9.598). Auf internationaler Ebene beteiligt sich das Bundeskriminalamt ab 2021 bei einem EU-Projekt in Nordmazedonien, das die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität in den Mittelpunkt stellt, um für die Zeit nach der Epidemie vorbereitet zu sein.